25. SONNTAG im Jahreskreis

Es ist kein schönes Bild, das wir da von den Aposteln, den Freunden Jesu, den ersten Christen bekommen. Sie haben darüber gestritten, wer von ihnen der Erste, der Größte, der Wichtigste sei. Wer hat das Sagen? Wer hat Macht? Ist das in unserer Zeit, in der Politik, in der Gesellschaft, aber auch in unserer Kirche, in der Pfarrgemeinde anders?

Aus der Erfahrung und aus der Psychologie wissen wir: Ein Urinstinkt treibt uns Menschen an, zu den Ersten zu gehören, der Größte, Stärkste, der Beste zu sein. Das scheint das Gesetz einer blinden Evolution zu sein: Konkurrenzkampf um den besseren Platz. Nur die Stärkeren überleben. Nur so haben sich die Millionen an Tier- und Pflanzenarten entwickeln können. Das gleiche Gesetz steckt auch in unseren menschlichen Genen. Wir haben es aus dem Tierreich geerbt. Überall, ob in Politik, Wirtschaft, am Arbeitsplatz, im Klassenzimmer, oft sogar in den Familien, herrscht das Gerangel um die "ersten Plätze". Konkurrenz gilt heute als wesentliche Triebkraft des Wirtschaftslebens. „Konkurrenz belebt das Geschäft", kann man oft genug hören. Das ist das rein materialistisch-wirtschaftliche Denken.

Tief in uns Menschen, steckt die Angst zu kurz zu kommen, unbeachtet beiseitegeschoben zu werden, nicht anerkannt zu werden, sich unbedeutend vorzukommen. Dann wird das Selbstwertgefühl angekratzt. Daraus entstehen Eifersucht und Rechthaberei, Rivalität, Neid, Machtkämpfe. Man muss sich durchsetzen, oft ohne Rücksicht auf Verluste. Nur so kommt man zu etwas in diesem Leben. „Der Klügere gibt nach“ heißt im Volksmund, aber in Wirklichkeit scheint es in unserer Gesellschaft so zu sein, dass der Klügere, der nachgibt, am Ende oft der Dumme ist. Er ist der Letzte von allen.

Das ist die „Weisheit“ dieser Welt, der Ungeist gegen den Jesus ankämpft. Die wahre Weisheit aber, „die Weisheit, die von Gott kommt“, heißt es im Jakobusbrief (1. Lesung) besteht aus: Freundlichkeit, bereit sein, nachzugeben, sich etwas sagen zu lassen, Mitleid miteinander zu haben, ohne Vorurteile zu sein, Güte zueinander. Das ist eine andere Lebensweisheit.

Jesus macht das deutlich, indem er ein Kind in die Mitte stellt und es umarmt. Ein Kind aufnehmen, was heißt das? Überlegen wir mit welcher inneren Einstellung wir auf ein Kind zugehen, es umarmen... Wir verdanken ihm nichts, wir sind ihm nichts schuldig, es bringt uns keine Vorteile. Trotzdem nehmen wir es bedingungslos an, wollen ihm nur Gutes tun. Wir wollen nicht über das Kind herrschen, sondern es mit Liebe und Sorge annehmen, für das Kind da sein, damit es sich wohl und angenommen fühlt und lächeln kann. Wir freuen uns einfach, weil es da ist. Mit solcher inneren Einstellung sollen wir einander begegnen, meint Jesus.

Wir brauchen keine Angst zu haben, dadurch selbst zu kurz zu kommen. Ich weiß mich ja von Gott geliebt und bedingungslos angenommen und deswegen brauche ich nicht immer wieder Selbstbestätigung. Von diesem Urbedürfnis bin ich befreit und deswegen kann ich, ohne Angst, für andere da sein. Ich bin wer, weil Gott mich als wertvoll betrachtet. Dafür kann ich dankbar sein. Diese Dankbarkeit ist die Kraft, die zur Freude und Freundlichkeit, zum Erbarmen und Frieden fähig macht.

 „Wer einen anderen Menschen mir zuliebe aufnimmt, der nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf; sondern auch Gott, der mich gesandt hat“, sagt Jesus. Es „menschelt“ immer wieder unter uns, in der Gemeinde, in der Kirche. Aber dagegen müssen wir immer wieder ankämpfen. Natürlich, indem wir bei uns selbst beginnen.

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